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Von Blümchen und Bienchen...
Blütenökologie - faszinierendes Miteinander von Pflanzen und Tieren

„Der Bau der Blüte“ löst bei vielen Schülern ein ansteckendes Gähnen aus. Vielleicht ging es dem Berliner Lateinlehrer Christian Konrad Sprengel um 1780 ebenso. Zumindest stellte er sich die Frage: „Weshalb sind Blüten nach diesen Mustern gebaut?“. 1793 präsentierte der Hobby-Biologe die Antwort triumphierend in einem Buch mit über 50 Bildtafeln: Bei 461 Arten zeigte er, „...dass nicht ein einziges Härchen ohne eine gewis­se Absicht hervorgebracht...“ wird.

Doch seine Idee, dass Blüten sich für die Bestäuber schön machen, wurde trotz seiner minutiösen Belege mit Hohn und Spott bedacht. Es ging ihm damit nicht anders als seinem Vorgänger Camerarius, der um 1700 die Sexualität der Pflanzen zum Thema machte.

50 Jahre später wurde Sprengels Buch Charles Darwin zugespielt: Begeistert begann dieser mit eigenen blütenökologischen Untersuchungen und zeigte, dass z.Bsp. Orchideen geradezu abenteuerliche Partnerschaften mit Insekten und anderen Bestäubern eingehen: Da werden (auch von einheimischen Orchideen) Bestäuber in Form und Geruch imitiert (Ragwurz), die Nektarabgabe von Paarungsbewegungen abhängig gemacht, Bestäuber kurzzeitig gefangengenommen oder durch Labyrinthe geführt (Frauenschuh), auf jeden Fall aber mit Pollenpaketen beklebt und umgarnt. Darwins Nachbar John Lubbock zeigte um 1890, dass Bienen für die Erkundung und Ori-entierung von Blüten ein ideales Sehvermögen besitzen. Damit war der Weg  zu Karl von Frisch bereitet...

Was also tun, wenn Schüler beim Thema Blütenbau gähnen ?

Erzähl ihnen die Geschichte vom Pflanzensex, von Lateinlehrer Sprengel und dessen Paradeblume „Wiesensalbei“. Demo am Platz: „Wir spielen Hummel...“, dann ein Strauss Blüten: „Für wen sind die wohl gemacht?“ (Was lockt einen Schmetterling ?  Und einen Nachtfalter ? Demo Nachtkerze... ). Am Platz schrittweises Öffnen einer noch geschlossenen Mohnblüte. Entfalten der Blütenteile – jedesmal Staunen, sogar bei einigen abgebrühten Kandidaten...  Dann der Höhepunkt: Das Ackerunkraut Schwarzkümmel, die „Jungfer im Grünen“ (heute in vielen Gärten zu finden, sonst jetzt ansäen!), (die eine wundersame „Schwangerschaft“ demonstriert – gleich mit-zeigen). Hier erfährt man Verrücktes zum Thema Saftmal (Leuchtfeuer für Bienen, z.T. Im UV-Bereich!), Nektarkrüge mit Deckel (!) (nur für Bienen...), zeitlich gestaffelte Staubblätter als Pollenpinsel und perfekt positionierte Griffel als Pollenfänger. Last but not least: Der Sinn der Kelch- und Kronblätter liegt auf der Hand...  Sprengels Zeichnungen dazu: Was so ein alter Knacker von Lateinlehrer alles entdeckt hat. Mechanik zwischen Pflanze und Tier: Hebelwirkung, Streudosen, Schüttelbecher, Berührungsmelder, Gewichtssensoren, Lichtsignalanlagen (Rosskastanie).

Dann an die Lupe oder ans Stereo-Mic: Griffel und Narben beobachten: Wem könn-ten diese Formen dienen ? Unterschiede bei jungen und alten Blüten ? (Nachreifung zur Vermeidung von Selbstbestäubung) ? Die „Teppiche“ der Blütenstände, die Fliegen tragen müssen. Und wie sie stinken...

Es folgen Exkurse zu Vogelblüten (Kolibris! Proteen!) und Blüten für Mäuse und Fleder-mäuse. Wer findet, zeige den Aaronstab (auch ab Dias) und lasse Exkurse über Riesenfallen (3-Meter-Falle der Titanwurz) oder die Dame ohne Unterleib (Rafflesia) folgen. Wie bestäubt man Passionsblume, Vanille auf dem „falschen“ Kontinent oder, simpler, Tomaten im Gewächshaus ? (Stichwort: Ohne passenden Bestäuber keine Früchte...) Ein ergänzendes Wort zur Windbestäubung (Weizen/Roggen/Mais) und Selbstbestäubung (Löwenzahn einpacken). Spannende Anschlussthemen: Vegetative Vermehrung oder Frucht und Fruchtverbreitung.

Wunderbare Beispiele sind in David Attenboroughs Film „Das geheime Leben der Pflanzen“ zu sehen (kann bei mir samt einem hübschen alten Film über Ch.K.Sprengel ausgeliehen werden). Wer da noch gähnt, dem steck ich doch gleich eine Stinkwurz an den Hut!

Viele gute Entdeckungen wünscht U.Rotach.

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